Ein Tropensturm hinterlässt Schäden beim Chathura-Kinderheim

 

 

Liebe Freunde,

zu schnell sind die vier Wochen in Sri Lanka vergangen und wir sind wieder zurück im nasskalten Deutschland. Die Zeit, die wir mit unseren Kindern im Heim verbracht haben, war sehr schön. Die beiden Schwestern Malki und Dilki, die ich bisher nur von Fotos kannte, waren mir gleich sehr vertraut. Sie freuten sich sehr, als ich sie mir ihrem Namen ansprach. Ebenso die Schwestern Inoka, Mali und Kumari. Woher kennt die uns denn... werden sie sich wohl gefragt haben. Aber die Kommunikation und die Weiterleitung von neuen Fotos durch unseren Partnerverein funktioniert bestens. So soll es ja auch in einer guten Partnerschaft sein.

Überrascht war ich, als ich zwei neue Mädchen in der Gruppe entdeckte.
"Das sind Shalika und Iresha, die sind erst vor ein paar Tagen zu uns gekommen" : sagte Vinitha.
Die kleine, zierliche Shalika (fünf Jahre alt) haben alle Kinder gleich ins Herz geschlossen. Sie ist ein Tamilenkind, das bei der Ankunft kein einziges Wort Singhalesisch sprach, wohl aber etwas verstehen konnte.

 

Shalika - fuenf Jahre alt - im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Vinitha und Shalika im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka alle lieben Shalika im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka


Der Vater von Shalika ist verstorben und die mittellose Mutter konnte ihre zwei Buben und Shalika nicht ernähren. Die Söhne kamen in ein Kinderheim für Jungen und Shalika zu uns.
Es war unglaublich, wie schnell Shalika Singhalesisch sprechen lernte und auch die Worte verstand. Alle liebten unser Nesthäkchen Shalika.

Einen Tag nach unserer Abreise sagte mir Vinitha am Telefon, dass das Jugendamt Shalika in ein anderes Kinderheim verlegt hat, das näher beim Wohnort der Mutter liegt.
So leid es uns tut, aber sicherlich ist es für Shalika besser, dass sie den Kontakt zur eigenen Mutter nicht verliert. Wir wünschen ihr alles Gute für ihren Lebensweg.

Iresha, die seit Anfang November bei uns lebt, hat schon sehr viel erleiden müssen. Iresha, geb. 2002 - im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka

Wenn man ihr strahlendes Lächeln sieht, mag man gar nicht glauben, wie rücksichtslos man mit ihrem jungen Leben umgegangen ist. Noch bevor ihr Vater starb, hat ihre Mutter die Familie verlassen. Iresha lebte danach in der Familie ihrer ältesten Schwester. Dort hat sie bei der Hausarbeit mitgeholfen. Brennholz sammeln war wohl ihre Aufgabe. Auch auf die kleine Tochter ihrer Schwester hat sie aufgepasst. Zur Schule ging Iresha noch nie.
Zu allem Elend hat sie dann der Mann der Schwester noch missbraucht. Iresha erzählte Vintha in meinem Beisein davon, was ihre Mutter gesagt haben soll, als sie von diesem Missbrauch erfuhr. "Schneidet ihr die Kehle durch und wirft sie in eine Grube", soll sie gesagt haben. Wie kann eine Mutter so herzlos sein. Diese letzten Worte ihrer Mutter wird Iresha wohl niemals im Leben vergessen.

Jetzt kommt eine schwere Aufgabe auf unsere Vinitha zu. Die 9-jährige Iresha (da keine Geburtsurkunde existiert, wurde ihr Alter von einem Arzt geschätzt) soll im Januar 2012 eingeschult werden und sie kann keinen einzigen singhalesischen Buchstaben schreiben, auch keine Zahl. Sie kann nicht zählen und auch nicht lesen. Ich habe selbst versucht mit ihr die ersten Schriftzeichen zu malen. Das fällt ihr unendlich schwer. Selbst ein kleines Holzpuzzle für 3-4jährige Kinder vermag sie nicht einzuordnen. Sie zeigt auch gar keinen Ehrgeiz und Ausdauer etwas zu lernen. Wie wird ihr Schulalltag dann wohl aussehen? Findet sie dort eine Lehrerin, die sich um sie annimmt oder lässt man sie einfach links liegen? Trotz allem fühlt sie sich in unserem Kinderheim sehr wohl. In die Gemeinschaft unserer Heimfamilie wurde sie herzlich aufgenommen. Hier hat sie endlich die Liebe, Geborgenheit und Aufmerksamkeit gefunden, die sie so lange vermisst hatte. Wir können nur hoffen, dass sie auch bald Schreiben und Lesen lernen wird.

Zwei unserer Mädchen, Maheshika und Imasha, machen jetzt im Dezember 2011 ihren Schulabschluss.
Mahesika im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Imasha im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka
Wir hoffen, dass sie das O-Level Examen bestehen werden.
Dieser Schulabschluss ist mit unserer Mittleren Reife vergleichbar.
Seit August, als unsere zweite Betreuerin Dulhani geheiratet hat und unser Heim verließ, sorgt Vinitha allein für unsere Kinder. Bei siebzehn lebhaften Mädchen zwischen fünf und siebzehn Jahren ist das sicherlich keine leichte Aufgabe, um die sie wohl keiner beneiden wird. Mit unendlicher Geduld und mütterlicher Liebe meistert sie diese große Aufgabe ganz allein. Morgens um 4:30 Uhr steht sie auf, weckt die Mädchen. Schaut, dass sie sich waschen, anziehen und frühstücken. Hilft ihnen die schönen, langen, schwarzen Haare zu dicken Zöpfen zu flechten und bindet grüne Bänder hinein. Nachdem sie einen letzten Blick in die Schultaschen geworfen hat, ob auch ja alle Hausaufgaben gemacht wurden und alle Bücher in der Tasche sind, wird es auch schon Zeit um den Schulbus an der Straße noch zu erreichen. Das Fahrgeld verwaltet immer das älteste der Mädchen. Jetzt ist es sieben Uhr am Morgen. Im Haus ist es jetzt ruhig geworden, aber sie braucht diese ruhigen Vormittagsstunden um die angefallenen Näharbeiten zu erledigen. Im Januar beginnt das neue Schuljahr.

Der Stoff für die Schuluniformen hat sie bereits im Haus. Durch jahrelanges Training hat sie mittlerweile die Schnitte für die weißen Blusen und Faltenröcke im Kopf. Sicher und geschickt näht sie die Uniformen auf der mechanischen, uralten Nähmaschine, da mal wieder der Strom ausgefallen ist und deshalb die elektrische Maschine unbrauchbar ist. Wie im Flug sind die Stunden verflogen und die ersten Kinder kommen schon wieder von der Schule heim. Gleich plappern sie munter über ihre Schulprobleme, die sie sich geduldig anhört und zu lösen versucht. Natürlich muss sie auch manchmal tadeln, wenn sich die Kinder nicht korrekt verhalten haben.

Mit Blick auf Vinithas Gesundheit kann dies kein Dauerzustand bleiben. Deshalb haben wir im Dezember bereits zum zweiten Mal mit einer Zeitungsanzeige eine neue Betreuerin gesucht.
33 Bewerberinnen haben sich darauf telefonisch bei Vinitha gemeldet. Zu dem Vorstellungsgespräch sind dann allerdings nur neun gekommen. Geprüft wurden die Schulkenntnisse, damit die Bewerberin den Kindern auch bei den Schularbeiten helfen kann. Dann sollte sie auch noch gute hauswirtschaftliche Kenntnisse besitzen. Besonders den Umgang mit einer Nähmaschine sollte die Neue beherrschen. Da die meisten Bewerberinnen sehr jung sind, gerade mal knapp über 20 Jahre, hat es besonders daran gemangelt. Wir können nur hoffen, dass bald die Richtige gefunden wird, die Vinitha bei ihren täglichen Pflichten tatkräftig unterstützt.

Im Dezember sind die großen Schulferien, dann sind alle Mädchen, bis auf die beiden Schulabsolventinnen, den ganzen Tag im Haus. Für die Kinder ist das die lang ersehnte schulfreie Zeit. Endlich können sie vier Wochen lang ausgelassen spielen und toben. Aber gerade diese Wochen hätte Vinitha so dringend eine Hilfe im Haus benötigt. Noch längst sind nicht alle neuen Schuluniformen genäht.
Kumari im Chathura-Kinderheim braucht dringend neue SchulschuheDie Kinder brauchen dringend neue Schulschuhe (siehe linkes Bild) und die Schultaschen haben auch schon viele Löcher.


Endlich wird der stark ausgefahrene Weg zu unserem Kinderheim saniert. Da dieser Feldweg täglich von schweren Lastwagen eines Unternehmers in der Nachbarschaft befahren wird, war ein tiefes Schlagloch neben dem anderen. Besonders die schmale Brücke über einen kleinen Bach war abenteuerlich zu befahren. Die Bauarbeiten haben Anfang Dezember begonnen. Rund drei Wochen soll die Instandsetzung des Weges dauern. Dann müssten Ende Dezember die Arbeiten abgeschlossen sein. Während dieser Zeit kann die Baustelle aber nicht befahren werden. Nur Fußgängern ist es erlaubt, den Weg zu passieren. Das heißt aber auch, dass unser Kinderheim während dieser Zeit nicht mit einem Fahrzeug zu erreichen ist. Die vielen schweren Säcke mit Gemüse und Kokosnüssen und besonders die 50 Kilo schweren Reissäcke müssen zu Fuß die ca. 200 Meter von der Durchgangsstrasse zum Haus getragen werden. Sicherlich nehmen sie die Einschränkungen für drei Wochen gerne in Kauf, wenn danach der Weg wieder einwandfrei befahrbar sein wird. Dieser Fahrweg scheint öffentlich zu sein. Wird die Gemeinde nach der Sanierung die Baukosten auch auf die Anlieger umlegen, wie es hier bei uns üblich ist? Welche Kosten werden dann auf unseren Verein zukommen?



Mit welchen extremen Wetterbedingungen man in Sri Lanka kämpfen muss, haben wir gerade selbst erlebt.
Nicht nur die unerträgliche Hitze und sehr hohe Luftfeuchtigkeit machten uns zu schaffen, wir haben auch ein schreckliches Unwetter mit einem Tropensturm und Starkregen erlebt.

Während der Sturm tobte, waren wir auf der Straße zu unserem Kinderheim unterwegs. Überall lagen umgefallene Bäume mit den abgerissenen Stromkabeln auf der Straße. Man konnte nicht wissen, wie es hinter der nächsten Kurve aussieht. Oft mussten wir umkehren, da viele Straßen und Wege nicht passierbar waren.
ein starkes Unwetter auf der Fahrt zum Chathura-Kinderheim ein starkes Unwetter auf der Fahrt zum Chathura-Kinderheim ein Teil vom Dachanbau am Chathura-Kinderheim wurde zerstoertein Teil vom Dachanbau am Chathura-Kinderheim wurde zerstoert

 

Als wir endlich im Heim ankamen, hatte der Sturm gerade einen Teil des Dachanbaues abgerissen und Vinitha kämpfte mit den heruntergefallenen Platten, damit sie nicht zur Gefahr für die Kinder wurden. Durch die vielen abgerissenen Stromleitungen kam es dann zu einem Stromausfall, der erst nach vier Tagen behoben werden konnte. Die Lebensmittel in den beiden Kühlschränken drohten zu verderben und mussten schnellstens aufgebraucht werden. Dass die elektrische Pumpe, die das Trinkwasser aus dem Brunnen befördert, nicht arbeitete, war das größte Problem. Aber auch die Telefonleitung war tot. Als auch der Akku vom Handy leer war, waren wir von der Umwelt abgeschnitten. Wir mussten schnell handeln und einen Generator anschaffen. Was leichter gesagt, als getan war. Zwei Tage haben wir die Geschäfte in der Stadt Galle abgeklappert, bis wir endlich einen brauchbaren gefunden hatten. Die 2 KW -Leistung reicht aus für Kühlschrank, Licht und Telefon. Die Wasserpumpe kann dann allerdings nicht benutzt werden. Für die Zeit, in der die Pumpe läuft, muss der Kühlschrank ausgeschaltet werden.

Für normale Stromausfälle, die immer wieder vorkommen, reicht dieser Generator aber aus. Umgerechnet ca. 250 Euro mussten wir dafür investieren. Die Kosten für die Dachreparatur werden wohl viel höher liegen.
Die Menschen in Sri Lanka sind an solche, für uns außergewöhnlichen Ereignisse gewöhnt und ertragen sie mit einer Gelassenheit, die wir nur bewundern können.
unsere Iresha im Chathura-Kinderheim wenn sie ausgelassen tobt unsere Iresha im Chathura-Kinderheim wenn sie friedlich schlaeftdie Kinder vom Chathura-Kinderheim bei einem Ausflug nach Galle die Kinder vom Chathura-Kinderheim bei einem Ausflug nach Galle die Maedchen vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka die Maedchen vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka

 

Das waren die Nachrichten aus dem Chathura-Kinderheim in Sri Lanka.

 

Ihre

 

Anneliese Woll

Kinderhilfsprojekt Galle - Sri Lanka e.V.