Drei Monate im Chathura-Kinderheim - ein Erlebnisbericht von Anneliese Woll

 
Teil 1    ( Teil 2 finden Sie unter Januar 2013)

  

Als ich Ende Oktober 2012 hier in Sri Lanka ankam, regnete es noch zwei Wochen ununterbrochen. Die Reisfelder rund um unser Kinderheim waren abgeerntet und vom vielen Wasser überschwemmt. Unser Haus ragte wie eine Insel aus einer Seenlandschaft.


das Chathura-Kinderheim in Sri Lanka das Chathura-Kinderheim in Sri Lanka


Die Fahrt auf den überfluteten Straßen war nicht ungefährlich.

 

die Fahrt auf den überfluteten Straßen war nicht ungefährlich.die Reisfelder rund ums Chathura-Kinderheim sind durch den starken Regen der vergangenen Wochen überschwemmt


Der Weg zu unserem neuen Brunnen und Waschplatz war sehr matschig.
Wenn unsere Mädchen frischgewaschen zurück zum Haus liefen, waren sie wieder schmutzig, bis sie dort ankamen.
der Weg zum neuen Brunnen am Chathura-Kinderheim muss dringend befestigt werden. die Reisfelder am Chathura-Kinderheim sind bereits wieder neu eingesät Vögel suchen zwischen den jungen Reispflanzen nach Fressbarem


Dieser Weg muss dringend befestigt werden, damit man ihn auch bei starkem Regen gehen kann.

Mittlerweile scheint die Sonne wieder und die Bauern haben bereits wieder eingesät. Bald werden die Felder wieder in einem unbeschreiblichen Grün leuchten. Obwohl ich fünf unserer zwanzig Mädchen noch nicht persönlich kannte, waren sie mir alle sehr vertraut und ich fühlte mich sofort in unserer Heimfamilie aufgenommen. Bereits um fünf Uhr morgens werde ich jetzt von fröhlichen Kinderstimmen geweckt. Es ist Zeit zum Aufstehen hier.
Das Jugendamt hat den Tagesablauf der Kinder für alle Kinderheime festgelegt. Daran müssen auch wir uns halten.
Bis kurz vor 7 Uhr müssen die Kinder sich für die Schule fertigmachen. Waschen, frühstücken, Schultaschen überprüfen, dann werden die langen, schwarzen Zöpfe geflochten, die Schuluniformen mit den grünen Krawatten und die geschlossenen, weißen, festen Schuhe mit weißen Socken angezogen, dann gehts ab zum Schulbus.

die Mädchen vom Chathura-Kinderheim sind fertig für die Schule die Mädchen vom Chathura-Kinderheim sind fertig für die Schule die Mädchen vom Chathura-Kinderheim sind fertig für die Schule

 

Nur Nadika, Nadika, im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka die Mitte November zu uns kam, darf noch daheim bleiben. Da im Dezember die Schulferien sind und im Januar das neue Schuljahr beginnt, wird sie erst dann neu eingeschult.
Das arme Mädchen ist im Babyalter zu nahe ans offene Küchenfeuer gekommen und hat sich fast die ganzen Haare am Hinterkopf abgesengt. Dort hat sie jetzt eine große, kahle Stelle, die nur schwer zu kaschieren ist. Vinitha hat schon überlegt, ob wir für sie ein Haarteil kaufen, da das Mädchen sehr unter diesem Makel leidet. Nadika ist zwölf Jahre alt. Sie ist Tamilin, spricht aber gut Singhalesisch. Ihre Mutter ist nicht verheiratet, ihren Vater kennt sie nicht. Weder die mittellose Mutter, noch sonst wer in der Familie kann für Nadika sorgen. Sie kann nur sehr wenig lesen und schreiben. Wieder das gleiche Problem, wie bei so vielen unserer Mädchen.

Mitte November haben uns Vertreter der Realschule Donaueschingen (Schülerfirma AJANTHA) besucht und viele Geschenke mitgebracht. Darüber haben sich unsere Mädchen sehr gefreut.


Besuch von der Schülerfirma Ajantha im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Besuch von der Schülerfirma Ajantha im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka


Da die Lehrerinnen in der örtlichen Schule, in der ca. 500 Kinder unterrichtet werden, nicht die Zeit haben, um sich sehr intensiv um jedes Kind zu kümmern, das dem Unterricht nicht folgen kann, sind wir sehr froh, dass wir Kalpani, unsere neue Lehrerin, gefunden haben. Seit Anfang November lebt sie hier im Kinderheim und hilft am Nachmittag den Mädchen bei den Schularbeiten. Eine Aufgabe, für die man eine Engelsgeduld braucht, die sie glücklicherweise hat. Unsere Mädchen mögen sie sehr. Sie hilft auch gern mal bei anderen Arbeiten hier im Haus mit. So auch, als wir zusammen die schwarzen Metall-Hochbetten mit Ölfarbe bunt angestrichen haben und auch unserem neuen Waschraum einen Anstrich verpasst haben.

die Mädchen im Chathura-Kinderheim lassen sich von Kalpani bei den Hausaufgaben helfenKalpani, die neue Lehrerin im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka die Mädchen im Chathura-Kinderheim lassen sich von Kalpani bei den Hausaufgaben helfen

 

Vor ein paar Tagen haben wir eine große Schaukel bekommen. Die wurde bei einem Schlosser zusammen geschweißt und sieht sehr stabil aus. Nachdem sie einbetoniert war, haben wir auch die bunt angestrichen. Jede freie Minute wird jetzt geschaukelt. Da nur zwei Sitze da sind, wird genau abgezählt, wann die Nächste dran ist. Ein Glück, dass jetzt wieder die Sonne scheint und die Kinder draußen spielen können.

die schwarzen Hochbetten im Chathura-Kinderheim werden bunt angestrichendie neue Schaukel im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka unsere Mädchen freuen sich über die neue Schaukel im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka meine Mädchen vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Mädchen vom Chathura-Kinderheim beim Spielenalle lieben Miki, unsere Haushündin im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka

 

Bei dem sehr feuchten Wetter der vergangenen Wochen ist die Wäsche nicht mehr getrocknet und oftmals waren am nächsten Morgen die Schuluniformen noch feucht. Dann musste mit dem Bügeleisen nachgeholfen werden. Auch mir persönlich ist die trockene Hitze angenehmer, als diese unerträgliche Schwüle. Aber auch jetzt noch fällt mir jeder Handgriff ohne Ventilator schwer. Obwohl alle Fenster und Türen geöffnet sind, weht kaum ein Lüftchen. Irgendwann werde ich mich aber auch daran gewöhnen. Die Moskitos und Ameisen ignoriere ich mittlerweile. Nur nachts schütze ich mich mit meinem Moskitonetz gegen die beharrlichen Angriffe. Es ist beruhigend, wenn sie außerhalb summen und nicht rein können. Ich habe inzwischen aufgehört, gegen die endlosen und immer wieder neuen Ameisenstraßen etwas zu unternehmen. Die waren bestimmt die Ersten, die die Schichtarbeit eingeführt haben....
die arbeiten sogar nachts.
Eine Rat Snake besucht das Chathura-Kinderheim Hier kann man die Häuser nicht so abdichten, dass kein Tierchen reinkommt. Keinen überrascht es hier, wenn sich plötzlich eine Rat Snake durch den Hof schlängelt oder eine Kobra bedrohlich den Kopf hebt. Ich habe wirklich keine Panik vor Spinnen.... aber die war dann doch etwas zu groß. Mit einem Besen haben wir ihr den Weg nach draußen gezeigt. Leider hatte sie noch Geschwister und am nächsten Tag war wieder eine da. Unter mein Moskitonetz können sie jedoch nicht kommen, das ist beruhigend.
Selbst unseren Zuckervorrat müssen wir im Kühlschrank aufbewahren......warum das, werden Sie mich fragen. Tausende winziger Ameisen (ca. 1mm lang), finden jeden noch so unmöglichen Weg in die Zuckerdose zu gelangen. Wer will schon Zucker mit schwarzen Punkten, die sich bewegen? Aber selbst im Kühlschrank muss alles fest verschlossen aufbewahrt werden, denn auch die Kühle macht ihnen nicht sehr viel aus. Jeder noch so kleine Krümel zieht Scharen von Ameisen an. Nur mit äußerster Sauberkeit kann man diesem Problem beikommen.

Blick ins Lesebuch der Mädchen vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka einige Singhalesische Buchstaben
Blick in ein Schulheft eines Mädchens vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Blick in ein Schulheft eines Mädchens vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka die Mädchen im Chathura-Kinderheim lernen fleißig Blick in ein Schulheft eines Mädchens vom Chathura-Kinderheim in Sri Lanka

 

Gerne würde ich mich hier mehr nützlich machen und den Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Da meine Singhalesisch-Kenntnisse jedoch dafür nicht ausreichen, scheiterte dieses Vorhaben. Selbst um bei Englisch oder Mathe zu helfen, fehlt die Möglichkeit, den Kindern etwas in ihrer Muttersprache zu erklären. Auch die Rechenmethode ist oftmals eine ganz Andere, wie wir sie kennen. Wiederholt hatte ich schon Anfragen von jungen Leuten aus Deutschland, die gern ein paar Monate in einem Kinderheim mithelfen möchten. Ich begrüße diese lobenswerte Absicht. Da jedoch auch hier die Singhalesischen Sprachkenntnisse fehlen, ist dies keine wirkliche Hilfe für uns. Nur um mit den Kindern zu spielen, brauchen wir Niemanden. Da unsere Kinder einen sehr hohen Nachholbedarf in der Schule haben und auch die Erwartungen von außen auf eine Steigerung der Schulleistungen recht hoch sind, legen wir verstärkt wert aufs Lernen. Damit man aber den Kindern die englische Grammatik erklären kann, brauchen sie zuerst gute Schulkenntnisse in Singhalesisch. Dafür ist eine einheimische Lehrerin mit guter Schul- und Allgemeinbildung wichtiger. Wir hoffen, dass Kalpani nicht so bald heiraten möchte und lange bei uns bleibt. Nur mit einem guten Schulabschluss haben unsere Mädchen eine wirkliche Chance auf eine bessere Zukunft.

 

Inoka hilft bei der Kuechenarbeit im Chathura-Kinderheim mit. Imasha hilft bei der Beaufsichtigung der Maedchen im Chathura-Kinderheim mit.

 

Inoka und Imasha, zwei unserer Mädchen, die den O-Level Schulabschluss nicht geschafft haben und ohne Rückhalt einer Familie draußen verloren wären, beschäftigen wir als Haushaltshilfen in unserem Kinderheim, bis sie mehr Lebenserfahrung gesammelt haben und ihr Leben selbst gestalten können. Jetzt wird uns das Jugendamt demnächst wieder zwei weitere Schulmädchen übergeben, da Inoka und Imasha jetzt dort nicht mehr mitzählen.
Obwohl wir im Kinderheim eine Waschmaschine haben, sollen unsere Mädchen trotzdem die Handwäsche lernen. Diese Auflage des Jugendamtes ist auch verständlich, denn später werden wohl nur wenige eine elektrische Waschmaschine besitzen.

Waschtag im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Waschtag im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka


Wir möchten gern auf unserem großen Grundstück eine Ausbildungshalle bauen, die auch Mädchen aus der Umgebung eine Ausbildung ermöglichen würde. Leider hat uns der srilankische Staat dafür bisher keine Genehmigung erteilt. Da dieses Grundstück teilweise ein Reisfeld war, darf es nicht bebaut werden.
Wie können wir nur die Behörden in Sri Lanka davon überzeugen, dass gut ausgebildete Mädchen ein weitaus größerer Profit für das Land sind, als ca. 2000 qm brachliegendes Reisfeld?
Am 1. Dezember hat uns Angelika Riedlinger aus Kaiserslautern mit ihren Jungs vom Eliya-Kinderheim besucht. Wir hatten einen schönen Tag zusammen.

die Jungs vom Eliya-Kinderheim besuchen das Chathura-Kinderheim in MabotuwanaAngelika Riedlinger vom Eliya-Kinderheim und Anneliese Woll vom Chathura-Kinderheim die Jungs vom Eliya-Kinderheim besuchen das Chathura-Kinderheim in Mabotuwana

 

Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass der neue Deutsche Botschafter, Herr Dr. Jürgen Morhard, zusammen mit seiner Frau am 6. Dezember das Chathura-Kinderheim in Mabotuwana besucht hat. Mehr Fotos dazu finden Sie hier. Wir bedanken uns herzlich für diesen Besuch.

Besuch des Deutschen Botschafters, Dr.Jürgen Morhard, im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Besuch des Deutschen Botschafters, Dr.Jürgen Morhard, im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka Frau Morhard beschenkt die Mädchen im Chathura-Kinderheim

 

Wenn ich unsere Mädchen frage, was ihnen im Chathura-Kinderheim gefällt, dann sagen sie mit strahlenden Augen: "Alles".


unsere Mädchen im Chathura-Kinderheim lieben die ländliche Umgebung sehr. Ein Eisvogel besucht das Chathura-Kinderheim mit Begeisterun gießen die Mädchen vom Chathura-Kinderheim die Blumen im Hof die Mädchen vom Chathura-Kinderheim genießen sorglos ihre Kindheit die Mädchen vom Chathura-Kinderheim genießen sorglos ihre Kindheit die Mädchen vom Chathura-Kinderheim genießen sorglos ihre Kindheit


Sie lieben die ländliche Stille hier mit den grünen Reisfeldern, die schönen Teegärten und die vielen Bäume und Sträucher. Mit Begeisterung gießen sie morgens und abends unsere Blumen und Pflanzen im Hof. Sie schauen vom Balkon aus den Bauern zu, wie die ihre Reisfelder bestellen. Sie kennen alle Namen der vielen, bunten Vögel, die sich auf der Stromleitung ausruhen.

Der Gegensatz zu ihrem bisherigen Leben könnte größer nicht sein. Sie müssen jetzt nicht mehr täglich mit ansehen, wie sich die Eltern streiten, da der Vater wieder das wenige Geld, dass sie haben, auch noch für Arrak verschwendet, von dem er immer mehr abhängig wird und damit das Familienleben restlos zerstört. Es ist kein Geld da, um die armselige Hütte zu renovieren. Das Dach bekommt immer mehr Löcher und wenn es regnet tropft das Wasser auf den festgestampften Lehmboden der Hütte und weicht ihn auf.

Lebensbedingungen in einer armseligen Hütte in Sri LankaAlles riecht modrig und ist verschimmelt. Die Eltern haben längst kapituliert und sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Sie hoffen auf ein besseres Leben nach dem Tod. Nur einen Wunsch haben sie noch: sie wünschen sich so sehr, dass es ihre Kinder einmal besser haben sollen.

Aber wer hilft denen aus dem Elend heraus. Wer gibt diesen armen Kindern eine Chance auf ein besseres Leben.
Die wenigen guten Arbeitsplätze bekommt man nur über Beziehungen und mit einer wirklich guten Schulbildung.
Beides haben diese Kinder nicht. Da sie verzweifelt versuchen den Eltern zu helfen, geraten sie immer mehr auf die schiefe Bahn. Das Geld mit illegalen Geschäften verlockt und niemand fragt danach, ob die Kinder zur Schule gehen oder letztendlich sogar im Gefängnis landen werden.

Vielleicht ist es eine Chance für diese Kinder, wenn sie von der Polizei aufgegriffen werden. Erst dann werden die Behörden auf die missliche Lage dieser Familien aufmerksam und entziehen den Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder. Wenn die Kinder Glück haben, dann kommen sie danach in ein gut organisiertes Kinderheim wie das Chathura-Kinderheim in Mabotuwana. Dort beginnt für diese armen Mädchen ein völlig neues Leben.

Wer denkt, dass sich diese Kinder nur schwer an ein geordnetes Leben gewöhnen können, der irrt sich. Innerhalb kurzer Zeit legen sie ihre schmuddeligen Gewohnheiten ab und freuen sich über saubere, frischgewaschene Kleider. Unser Haus wurde von zweieinhalb Jahren neu gestrichen und sieht innen und außen noch top aus. Keine schwarzen Handabdrücke und keine Schmierereien an den Wänden. Ganz besonders freuen sich unsere Mädchen, dass sie bei uns ihre herrlichen, langen, schwarzen Haare behalten dürfenx.ihr ganzer Stolz. Penibel achten sie gegenseitig darauf, dass sich darin keine Kopfläuse ansiedeln, was hier sehr schnell passieren kann. Dass sie hier ein eigenes, sauberes Bett vorfinden, ist ein kleines Glück, das sie vorher nicht kannten. Natürlich müssen sie auch lernen, dass man dies Alles auch sauber halten muss. Diese kleinen Pflichten nehmen unsere Mädchen aber gerne in Kauf.


die Mädchen im Chathura-Kinderheim müssen lernen, wie die weißen Schuluniformen wieder sauber werden. Kalpani hilft den Mädchen im Chathura-Kinderheim bei den Hausaufgaben. die Kinder im Chathura-Kinderheim freuen sich über frisches Gemüse die Mädchen im Chathura-Kinderheim beim Essenmeine geliebten Kinder im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka die Mädchen im Chathura-Kinderheim freuen sich über große, bunte Seifenblasen die Kinder im Chathura-Kinderheim freuen sich über frisches Gemüse die Kinder im Chathura-Kinderheim freuen sich über frisches Gemüse


Dafür bekommen sie Unterstützung bei den Schularbeiten, die bisher schwer vernachlässigt wurden. Sie haben gutes, ausgewogenes Essen, saubere Kleidung und können ausgelassen spielen. Rundum alles, was eine sorglose Kindheit ermöglicht. Unsere Mädchen wissen aber sehr wohl, dieses große Geschenk zu schätzen. Nur manchmal, wenn sie Besuch von Verwandten bekommen, werden sie für kurze Zeit wieder mit den Problemen ihrer Familie konfrontiert. Nicht selten sind sie danach verstört und traurig.

Es kommt aber auch vor, dass sich Mütter bei uns bedanken, dass es ihre Töchter so gut hier haben. Die Mädchen haben auch ein sehr herzliches Verhältnis untereinander.
So ist es schon ein kleines Kompliment, wenn ein Mädchen das Leben im Chathura-Kinderheim vorzieht, obwohl es ihm das Jugendamt freigestellt hat, zum Vater und der neuen Stiefmutter zu gehen.

Dieses Kompliment gebe ich gern an unsere vielen Vereinsmitglieder, Paten und Spender weiter, die uns auf vielfältige Weise schon seit Jahren unterstützen. Nur durch diese kontinuierliche Hilfe können unsere Partner in Sri Lanka eine gute Arbeit leisten.

Allerdings kann man unsere europäischen Vorstellungen nicht immer in Sri Lanka verwirklichen. Die Sri Lanker sind, trotz ihrer Armut, ein sehr stolzes Volk. Sie schätzen ihre Jahrtausende alte Kultur sehr und halten gern an Althergebrachtem fest. Nur mit größter Skepsis lassen sie sich manchmal überzeugen, dass es auch andere Methoden gibt. Aber um dem weltweiten Wettbewerb standhalten zu können, müssen sie wohl oder übel lernen umzudenken. Auch ich versuche gelegentlich diesen Denkprozess zu beschleunigen, was mir leider nicht immer gelingt. So sehr sie auch dankbar für unsere finanzielle Hilfe sind, so schwer ist es aber auch für mich, meine Vorstellungen und die unserer Vereinsmitglieder hier durchzusetzen, ohne gleich als Besserwisser zu gelten. Oft ernte ich nur unverständliche Blicke und weiß dann genau, dass nach meiner Abreise wieder alles beim Alten sein wird. Darüber bin ich manchmal etwas traurig.....aber wir sind hier weit weg von Europa und was wir bisher erreicht haben, hätte ich mir anfangs nicht träumen lassen.
Auch das unerbittliche Klima hier, muss man berücksichtigen. Besonders setzt dieses feucht-heiße Klima allen Elektrogeräten und ganz besonders Computern zu. Wie weltweit, wird in Sri Lanka auch immer mehr Elektronik verkauft und da diese Geräte hier sehr reparaturanfällig sind, macht so mancher Computer-Reparaturbetrieb ein gutes Geschäft. So eine Ausbildung müsste man unseren Mädchen anbieten können.

Auf unserem großen Grundstück könnten wir eine Ausbildungsstätte errichten, in der auch Mädchen aus der Umgebung eine abgeschlossene Berufsausbildung bekommen könnten. Das Innenleben eines Computers verstehen lernen, einen eventuellen Fehler zu finden und zu beheben, das wäre die große Aufgabe.
Allerdings müssen wir dazu noch eine große Hürde überwinden. Wie können wir dem Agrarministerium nur klar machen, dass wir sowieso keinen Reis auf unserem brachliegenden Reisfeld anbauen werden und sie uns doch bitte endlich die Genehmigung zur Bebauung geben möchten?

Da ich noch bis Mitte Januar hier im Chathura-Kinderheim zusammen mit unseren Mädchen lebe, werde ich Ihnen später wieder über meine Zeit hier berichten.

Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Adventszeit und Frohe Weihnachten.

Ihre
Anneliese Woll und alle im Chathura-Kinderheim in Sri Lanka

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